Die Kunstwelt hat viele Geschichten zu erzählen. Nicht jede bekommt die verdiente Aufmerksamkeit. Zu schnell schießt sich die Szene immer wieder auf Traditionen oder kurzlebige Hypes ein, die nur wenigen zu ihren fünfzehn Minuten Ruhm verhelfen. Sie vergisst, was Kunst und die Menschen ausmacht: Vielfalt. Der Art.Salon stellt Institutionen und Persönlichkeiten vor, die durch Kreativität und Engagement hervorstechen und selbst denen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden.
»Die Fotografie ist mein Werk, die Aquarelle sind meine Perlen.«
Mit Stadtansichten aus Berlin wird Efraim Habermann in den 1960er-Jahren einem breiten Publikum als Fotograf bekannt. Seine Arbeiten zeichnen sich früh durch einen eigenen, prägnanten Stil und ungewohnte Perspektiven aus. Nach einer 50-jährigen Schaffensphase liegt heute ein umfangreiches, konsequent in Schwarz-Weiß gehaltenes fotografisches Werk mit zahlreichen Serien aus Israel, Venedig und Berlin, Stillleben, Portraits und fotografischen Collagen vor. Fast wie ein Kommentar zu seinem eigenen Bildverständnis wirken Habermanns »Perlen«, seine zumeist konstruktivistisch angelegten Aquarelle, geometrische Formen in kräftigen Farben, fein austariert zu einer postkartengroßen Komposition. Eine umfangreiche Werkschau mit Arbeiten aus dem Privatarchiv des Künstlers ist nun ab Mitte Februar in Berlin zu sehen.
Unheimlicher Alltag
Von 12.000 auf 1,5 Millionen US-Dollar in zwei Jahren: Das Gemälde Summertime (2020) katapultierte Anna Weyant in die oberste Liga der Kunstwelt. Sie ist die jüngste Künstlerin der Gagosian-Galerie, die Warteliste für ihre Werke umfasst mehrere hundert Namen. Sie ist der Rising Star des Jahres.
Lucien Smiths neue Karriere auf dem Land
Montauk, ein 4.000-Einwohner-Dorf in den USA mit dem Spitznamen »The End«. Hier wohnt der Künstler Lucien Smith, der vor zehn Jahren als »Wunderkind« die New Yorker Kunstszene aufmischte. Das Ende ist es für ihn aber noch nicht. In ländlicher Umgebung findet Smith zu neuer Kreativität: »Zum ersten Mal fühle ich mich wie ein richtiger Künstler.«
Amoako Boafo – Ein figurativer Maler aus Ghana startet durch
Der ghanaische Maler Amoako Boafo malt ausschließlich Schwarze Personen, um diese Charaktere in der Bildtradition des Porträts zu würdigen. Dabei drückt er der figurativen Kunst einen ganz neuen Stempel auf. Und das kommt an: Im Februar 2022 wurde eines seiner Gemälde für rund 1.264.000 Euro versteigert.
Jordan Casteel – Die individuelle Persönlichkeit im Fokus
Die Porträts der jungen Künstlerin Jordan Casteel zeigen Personen in alltäglichen Lebenssituationen aus der Mitte der US-amerikanischen Gesellschaft, die lange Zeit in der amerikanischen Kunstwelt unterrepräsentiert waren. Mit ihren Werken schafft sie es, die ungesehenen Menschen sichtbar zu machen, unsere Perspektive auf sie zu verändern und deren individuelle Persönlichkeit in den Vordergrund zu rücken. Nun wird auch der internationale Kunstmarkt zunehmend auf die Künstlerin aufmerksam.
Spuren fließender Vergänglichkeit
Emilie Cognard arbeitet mit Tusche, Wasser und Papier und erschafft mit diesen einfachen Mitteln hochkomplexe Zeichnungen von ausgeprägter Tiefe. Mit ihren Arbeiten hinterfragt sie den Begriff der Leere, noch mehr aber unseren genormten Blick auf die Welt. Das Ergebnis sind ausgesprochen feine Kompositionen, hochkonzentriert, fließend, amorph, von hoher Dynamik und doch fast kontemplativ.
Portraits der unsichtbaren Realität
Wer sich von Mustafa Özel portraitieren lässt, braucht Mut. Den Mut, sich selbst zu erkennen, wahrhaftig, unverstellt, wie mit einem Röntgenblick in die eigene Seele, ehrlicher, als ein Spiegel je sein könnte. So sind Özels Ölmalereien für die Modelle möglicherweise ein Risiko, für die Kunstwelt sind sie in jedem Fall ein Geschenk, Portraits von selten gesehener Tiefe und Intensität, die Wiener Moderne im Istanbul des 21. Jahrhunderts.
Die Entfremdung des Menschen von der Natur
Susannah Martin ist eine figurative Malerin, die sich einem klassischen Sujet widmet, dem Akt in der Natur. So traditionell wie diese Verortung klingt, so überraschend, frisch und ungesehen sind ihre Arbeiten. Handwerklich brillant, auf den ersten Blick nie leise, auf den zweiten mit ungeahnter Tiefe.
Der digitale Holzschnitt als Spiegel unserer kulturellen Bildpraxis
Es kommt nicht allzu oft vor, dass es einem Künstler gelingt, bereits durch seine Technik eine ganz eigene und unverwechselbare Ästhetik zu schaffen. Die »Digitalen Holzschnitte« von Stefan Osnowski weisen eine solche ungesehene Anmutung auf.