Werkschau in Berlin

Efraim Habermann – Fotografie und Aquarell

Die mit dem art.salon verbundene artnow Gallery zeigt in der Ausstellung Efraim Habermann – Fotografie und Aquarell eine umfassende Werkschau der Fotografien und Aquarelle des Berliner Künstlers Efraim Habermann.

von Felix Brosius, 04. February 2023

Mit Stadtansichten aus Berlin und Venedig, Israel-Bildern, Architekturfotografie, Stillleben und Arbeiten aus der Reihe Frau im Bild sind Werke aus allen wichtigen Sujets des Fotografen zu sehen, darunter sowohl einige seiner bekanntesten Motive wie die Spiegelung der Matthäikirche an der Nationalgalerie (1976) als auch bisher weitgehend unbekannte Arbeiten aus dem Privatarchiv des Künstlers. Vervollständigt wird die Werkschau durch eine Auswahl von Aquarellen, die Habermann seit 1980 im konstruktivistischen Stil angefertigt hat und die auch einigen Habermann-Kennern bis dato unbekannt sein dürften.

Efraim Habermann - Portrait
© Efraim Habermann
Efraim Habermann - Portrait, 1985

Architektur und Stadtansichten

Stadtansichten aus Berlin – damit begann Efraim Habermann sein fotografisches Werk in den 1960er-Jahren. Er zog mit der Kamera durch die noch von der Nachkriegszeit geprägte Stadt und hielt große Architektur und kleine Begebenheiten gleichermaßen mit der Kamera fest. Dabei ging es ihm nie darum, die Geschichte der Stadt zu dokumentieren, für Habermann stand stets die Bildkomposition im Vordergrund. So wirken seine Bilder zeitlos, zeigen Berlin und spiegeln zugleich eine von der Stadt losgelöste Weltsicht, ein Bildverständnis mit einer weit über Ort und Zeit hinausreichenden Gültigkeit. Motive und Perspektiven sind sorgfältig gewählt, zum Teil bewusst inszeniert – weithin bekannt die Spiegelung der Matthäikirche an der Nationalgalerie, ebenso charmant aber auch die »kleinen Begebenheiten« wie verwitternde Gemäuer, Plakate, deren Motive mit ihrer Stadtumgebung in einen unerwarteten Dialog treten, und die Menschen der Stadt, eingefangen, wie sie in ihrem Alltag mit der Stadtkulisse verschmelzen, die Kulisse erst zu einer Stadt machen, die leere Straße zu einem Motiv, das Foto zu einem Kunstwerk.

Efraim Habermann - Berlin - Gleisdreieck
© Efraim Habermann
Efraim Habermann - Berlin

Frau im Bild

Eine amerikanische Touristin im Louvre von Paris inspirierte Efraim Habermann 1974 zu der Werkserie Frau im Bild. Er bemerkte die Touristin, die vor dem berühmten Gemälde Le Déjeuner sur l'herbe von Edouard Manet stand und sich in die Szenerie so gut einfügte, als sei sie selbst eine Figur aus dem Bild. Die von Habermann mit der Kamera festgehaltene Verschmelzung der Frau mit dem Bild sollte die erste Arbeit einer heute viele Fotografien umfassenden Werkserie »lebendiger Collagen« werden. »Die Schönheit des Vergänglichen im Kontrast zu dem scheinbar unvergänglichen Meisterwerk.« Durch diese Neuinterpretation berühmter Bilder weitet Habermann unseren Blick auf die vielfach gesehenen Ikonen der Kunst und stellt einen unmittelbaren Bezug Jahrhunderte alter Bilder zu zeitgenössischen Perspektiven her - mit schelmischem Witz und spielerischer Freude.

Efraim Habermann - Frau im Bild
© Efraim Habermann
Efraim Habermann - Frau im Bild, 1985

Portrait

Portraits von Efraim Habermann sind echte Menschenbilder. Beobachtet mit einem liebevollen Blick, aufgenommen mit sichtbarer Zuneigung, zeigen sie stets mehr von dem Menschen als nur sein Äußeres. Zudem gelingt es Habermann, durch Perspektive, Bildausschnitt und nicht zuletzt durch die grobkörnigen Abzüge seiner Schwarzweißbilder einen scheinbaren Schleier zwischen den Betrachter und die Portraitierten zu legen. So entsteht eine leichte Distanz, die in spielerischem Widerspruch zur Wärme des Blicks steht und die Bedeutung des Motivs weit über die Darstellung einer einzelnen Person erhebt – das Portrait wird so zur soziologischen Studie, ein pars pro toto für einen Menschentyp, ein Portrait des Menschen an sich.

Efraim Habermann - Portrait
© Efraim Habermann
Efraim Habermann - Ein Freund, 1991

Stillleben

Für Efraim Habermann ist die Welt voll schöner Dinge, wenn man sie nur mit ein wenig Phantasie zu betrachten weiß. Für seine Stilllebenfotografie entdeckt er die schönen Dinge aber nicht nur, er eignet sie sich an, arrangiert sie zu stimmigen Kompositionen. Scheinbar zeitlos, sind die Stillleben doch auch immer Zeugnis der Vergänglichkeit – so wie der Apfel neben dem Krug bereits dem Verfall anheimgegeben ist und schon bald nicht mehr so glänzend strahlen wird und eine Bibel, abgegriffen und geprägt von den Spuren intensiver Nutzung, unweigerlich auf die Vergangenheit verweist. Viele der Stillleben entstehen in der Berliner Fasanenstraße – am Fenster seiner Wohnung oder vor den Mauern seines Wohnhauses. Sie zeigen die Schönheit im Alltag und den »Realromantiker« in dem Künstler Efraim Habermann.

Efraim Habermann - Still Life
© Efraim Habermann
Efraim Habermann, Stillleben, 1989

Venedig

Venedig, die Stadt der tausend Motive. Nicht nur für unzählige Touristen, sondern auch für Efraim Habermann, dem es selbst in dieser täglich millionenfach fotografierten Stadt gelingt, neue, ungewohnte Perspektiven aufzuzeigen, die Stimmung der Stadt in seiner ganz eigenen Handschrift zu präsentieren. Als er 1978 zum ersten Mal Venedig besuchte, war er bereits gleich nach seiner Ankunft am Bahnhof beim Blick auf den Canal Grande »schockverliebt«. Seitdem fühlt er sich der Stadt auf besondere Weise verbunden, hat sie vielfach besucht und fotografisch festgehalten. Dabei vermeidet er Wiederholungen, macht von jedem Motiv höchstens zwei oder drei Aufnahmen, von denen mindestens eine dann besser gelungen sein sollte. In Venedig, stets vom Verfall bedroht, sind Schönheit und Vergänglichkeit untrennbar miteinander verbunden – beste Voraussetzungen für eine tragische Liebe, der auch Habermann verfallen ist in seinem fotografischen Blick auf die Stadt mit Bildern voll Poesie und Weltschmerz.

Efraim Habermann - Venice
© Efraim Habermann
Efraim Habermann - Venedig, 1987

Watercolor

»Die Fotografie ist mein Werk, die Aquarelle sind meine Perlen.« So blickt Efraim Habermann auf seine Aquarellmalerei, der sich der gelernte technische Zeichner vor allem seit Beginn der 1980er-Jahre verstärkt widmet. Die Motive sind oft konstruktivistisch angelegt, gestalten den Bildraum mit geometrischen Figuren, sind ausgewogen arrangiert, zeigen das gleiche Verständnis einer gelungenen Komposition wie seine Fotografien, teils in starkem Schwarz-Weiß-Kontrast, zumeist aber in kräftigen Farben – Rot, Grün, Gelb, Blau, oft in kleinen Serien erstellt. Und dazwischen finden sich immer wieder spielerische Einzelarbeiten, die aus dem strengen Konstruktivismus ausbrechen - organische Formen, kleine Landschaftsdarstellungen, stilisierte Architektur oder Referenzen an die Kunst der Aborigines. So reihen sich Habermanns Aquarelle zu einer ganzen Perlenkette von spielerischer Strenge im strengen Spiel der freien Komposition.

Efraim Habermann - Watercolor
© Efraim Habermann
Efraim Habermann - Aquarell, 2005

Ausstellung

Efraim Habermann – Fotografie und Aquarell
artnow Gallery | Fasanenstraße 42 | 10719 Berlin

Vernissage:     16. Februar 2023, ab 19:00 Uhr
Ausstellung:    17. Februar bis 25. März 2023
Mi bis Fr 11:00 bis 18:00, Sa 12:00 bis 16:00Art.Salon

Dive deeper into the art world

Efraim Habermann

Mit Stadtansichten aus Berlin wird Efraim Habermann in den 1960er-Jahren einem breiten Publikum als Fotograf bekannt. Seine Arbeiten zeichnen sich früh durch einen eigenen, prägnanten Stil und ungewohnte Perspektiven aus. Nach einer 50-jährigen Schaffensphase liegt heute ein umfangreiches, konsequent in Schwarz-Weiß gehaltenes fotografisches Werk mit zahlreichen Serien aus Israel, Venedig und Berlin, Stillleben, Portraits und fotografischen Collagen vor. Fast wie ein Kommentar zu seinem eigenen Bildverständnis wirken Habermanns »Perlen«, seine zumeist konstruktivistisch angelegten Aquarelle, geometrische Formen in kräftigen Farben, fein austariert zu einer postkartengroßen Komposition. Eine umfangreiche Werkschau mit Arbeiten aus dem Privatarchiv des Künstlers ist nun ab Mitte Februar in Berlin zu sehen.

von Felix Brosius, 04. February 2023
Guido Klumpe

Im Umfeld der funktionalen Architektur urbaner Räume findet Guido Klumpe die Motive, die er mit seiner Kamera als Poesie des Profanen inszeniert. Seine malerischen Bilder entfalten mit einer reduzierten Formsprache eine opulente Wirkung und zeigen uns die Schönheit des Moments im Fluss des Alltags.

von Felix Brosius, 19. November 2024