Im Interview: Marianne Hopf über ihren Aufenthalt in Damnatz

Vergängliche Landschaften im Wasser

Zwei Monate lang hielt sich die Künstlerin Marianne Hopf Ende 2024 im Rahmen eines Residenzstipendiums in Damnatz an der Elbe auf. Die Künstlerin erforscht Dynamiken der Natur. Im Interview gibt sie nähere Einblicke in ihren Aufenthalt.

von Marius Damrow, 23. January 2025
Marianne Hopf, Zeichnung, Tusche, Moorlauge, 2024
Von der Künstlerin zur Verfügung gestellt.
Marianne Hopf, Zeichnung, Tusche, Moorlauge, 2024

Unter dem Titel Von Flüssen und Nebenflüssen, zwei Monate am Flussufer zeigte Marianne Hopf im Dezember 2024 in Damnatz ihre neuen Arbeiten, die sie während eines Residenzstipendiums dort anfertigte. In dem Dorf an der Elbe offenbarte sich der Malerin, die sich den ursprünglichen Kräften der sich im ständigen Wandel befindlichen Natur widmet, eine Flusslandschaft, die ihr Œuvre um neue Facetten bereichert.

Im Interview gewährt Marianne Hopf, die am Künstlerprogramm des Art.Salon teilnimmt, weitere Einblicke in ihre Zeit in Damnatz:

 

Sehr geehrte Frau Hopf, vielen Dank, dass Sie sich für das Interview Zeit nehmen. Sie stammen aus Freiburg und wohnen in Lahr/Schwarzwald und in Berlin. Was hat Sie an einem Aufenthalt in Damnatz interessiert?

Mir wurde dieses Residenzstipendium von der Cordts-Art Foundation angeboten, was mich sehr freute und neugierig machte. Da ich zu diesem Zeitpunkt sowieso plante zur Eröffnung der NordArt zu fahren, weil ich dort mit Arbeiten vertreten war, passte der Schlenker nach Damnatz sehr gut in meine Route. Sowohl der Skulpturengarten, den das Bildhauerpaar Monika und Klaus Müller-Klug in jahrzehntelanger Arbeit aufbauten und immer noch daran Veränderung anbringen, als auch deren Beharrlichkeit und künstlerische Setzung, hat mich sehr beeindruckt und berührt.

Die Aussicht, zum einen in dieser naturbelassenen Flusslandschaft direkt an der Elbe arbeiten zu können und zum anderen mich in einem sehr fein auf die besondere Landschaft abgestimmten künstlerischen Umfeld zu bewegen, hat mir überhaupt keine Mühe bereitet mich zu entscheiden, dass es an der Zeit sei, meine Malerei durch die Begegnung mit einer fremden Landschaft neu herauszufordern. Das Ziel war die »Handhabung« der Malerei zu irritieren. In der Begegnung mit einer fremden Landschaft müssen sich der Blick und die Hand neu organisieren.

Mit welchen Erwartungen sind Sie nach Damnatz gereist und haben sich diese erfüllt?

Ich wusste ja schon, dass mein Domizil ein Tinyhouse in der angrenzenden Museumsscheune oben im Gebälk sein wird, was ein einmalig bizarrer Wohnort ist. Es stellte sich dann ziemlich rasch heraus, dass ich nachts reichlich Besucher hatte, die mir schier das Ohr abknabberten, aber das hat diesem »Adlerhorstcharme« nichts genommen. Dort konnte ich in aller Konzentration die Feinarbeit an meinen Bildern vornehmen, an denen ich tagsüber in einem abgetrennten Teil des Bildhauerateliers malte. Mein Interesse galt der Uferlandschaft, aber was ich erlebte, hat das weit übertroffen.

Marianne Hopf, Uferlandschaft I, Pigmente, Acryl auf Leinwand, 100 x 130 cm, 2024
Von der Künstlerin zur Verfügung gestellt.
Marianne Hopf, Uferlandschaft I, Pigmente, Acryl auf Leinwand, 100 x 130 cm, 2024

Womit hätten Sie vorher nicht gerechnet?

Ich wusste zum Beispiel nicht, dass sich viele Vogelarten dort sammeln, bevor sie in ihre Winterquartiere fliegen. Dementsprechend war die Luft Tag und Nacht erfüllt von Rufen, Gezwitscher, Geschnatter tausender Vögel, die sich in Scharen über den Fluss hin und her bewegten, neu eintrafen oder auch abzogen. Auch wusste ich nicht, dass es so gut wie keine Lichtverschmutzung gibt und am Nachthimmel sogar die Milchstraße gut zu sehen war.

Die Herzlichkeit und Offenheit, mit der mir begegnet wurde, hat mich sehr berührt und ebenso die Verwirklichung diverser Lebensträume; Sei es in der Kunst, mit der Natur, im Naturschutz oder individuelle Lebensgemeinschaften.

Wie hat sich die Zeit dort auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

Meine ursprüngliche Idee war, mich der Uferlandschaft zu nähern. Doch viel interessanter waren das Erscheinungsbild und der zeitliche Verlauf der Wasserspiegelungen. Es boten sich reinste Farbexplosionen dar, diese gedoppelt und nur getrennt durch eine schmale Linie, Momente einer Reizüberflutung.

Für das Auge ein wahres Spektakel. Für die Kunst eine Herausforderung. Die Reduktion auf das Wesentliche war hier die Aufgabe. Das malende und zeichnende sich Annähern bildeten darin einen Reflexionsprozess, der zugleich immer wieder neues »Terrain« eröffnete. Ein Terrain, auf dem im Laufe der Zeit die Veränderung, das Erscheinungshafte, die Zeitlichkeit zur führenden Erfahrung wurde.

Welche Landschaftseindrücke sind Ihnen jetzt, da Sie wieder zu Hause arbeiten, am stärksten in Erinnerung geblieben?

Der zeitliche Verlauf der Wasserspiegelungen, unberührte Landschaftsschutzgebiete und die schallende und vielschichtige Geräuschkulisse diverser Vogelscharen.

Sie haben bereits mehrere Stipendien für Künstleraufenthalte bekommen, unter anderem in New York City und auf Island. Wie würden Sie diese Aufenthalte im Vergleich sehen?

Die innere Stille und Konzentration konnte ich auch auf Island finden, wobei dort die Mächtigkeit und Gewalt der Naturkräfte immerfort spürbar und präsent ist. Diese Energie, die Bilder förmlich aufdrängt, habe ich an der Elbe nicht wahrgenommen. In New York musste ich mir dagegen die Konzentration erkämpfen.

Wenn Sie frei wählen könnten: Welche Region würden Sie gerne noch künstlerisch untersuchen und warum?

Ich kann mir vorstellen noch weiter nördlich zu gehen. In meiner neuen Serie ShowDown stehen sich Feuer und Eis als äußerste Pole auf der Bewegungsskala zwischen Schmelzen und Erstarren gegenüber und bedingen zugleich ihr Verschmelzen. Es ist die Übermacht der natürlichen Kräfte, die mich fasziniert und gleichzeitig zur Herausforderung wird, einen Umgang mit ihnen zu finden, der Leben ermöglicht.

 

Vielen Dank für das Interview.Art.Salon

Marianne Hopf, Uferlandschaft II, Pigmente, Acryl auf Leinwand, 100 x 130 cm, 2024
Von der Künstlerin zur Verfügung gestellt.
Marianne Hopf, Uferlandschaft II, Pigmente, Acryl auf Leinwand, 100 x 130 cm, 2024
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