London, The National Gallery zeigt »The Last Caravaggio«

Der Meister der Schonungslosigkeit

Ein besonderes Gemälde ist nach fast 20 Jahren wieder in Großbritannien zu sehen: Das Martyrium der Heiligen Ursula, das letzte bekannte Bild von Michelangelo Merisi da Caravaggio, steht im Zentrum der Ausstellung The Last Caravaggio. Sie eröffnet am 18. April in der National Gallery in London.

18. April 2024
Michelangelo Merisi da Caravaggio, The Martyrdom of Saint Ursula, 1610
gemeinfrei
Michelangelo Merisi da Caravaggio, Das Martyrium der Heiligen Ursula, 1610, Öl auf Leinwand, 143 x 180 cm

Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571-1610) ist einer der berühmtesten Maler der Geschichte. Lange Jahre in Rom arbeitend war er ein Begründer des Barock und mit seinem persönlichen Stil einer der einflussreichsten Maler überhaupt. Nie zuvor hatten seine Zeitgenossen vergleichbares gesehen: dramatische Beleuchtung der Szenen, starke Hell-Dunkel-Kontraste, ein ungeheurer Realismus und düstere Atmosphäre. Besonders bei christlichen Themen war Caravaggios Stil problematisch: mit seinen ärmlich aussehenden Engeln und nackten Christusknaben rief der Maler gleichermaßen Begeisterung wie Ablehnung hervor. Auch sein letztes bekanntes Gemälde, Das Martyrium der Heiligen Ursula (1610), stellte sich gegen Konventionen. Die Heilige wurde meist mit einem Pfeil, dem Symbol ihres Martyriums, in der Hand haltend dargestellt. Caravaggio zeigt den Moment ihres Todes: Ursula, die sich weigerte, den König der Hunnen zu heiraten, die die Stadt Köln belagerten, wird von diesem erschossen. Ursula war im Mittelalter eine der bekanntesten und beliebtesten Heiligen. Ihren Moment des Todes so schonungslos zu zeigen war für viele Zeitgenossen mehr als empörend. Die National Gallery in London widmet sich nun mit der Ausstellung The Last Caravaggio detailliert diesem Gemälde und führt tief in die letzten Monate des kurzen Lebens von Caravaggio ein. Besuchende können das Bild vom 18. April bis zum 21. Juli sehen.

Das Martyrium der Heiligen Ursula ist erst seit 1980 gesichert Caravaggio zugeschrieben. Die Entdeckung eines Briefes, der heute im Archivio di Stato in Neapel aufbewahrt und in dem der Auftrag für das Bild beschrieben wird, beseitigte die letzten Zweifel. Der Brief ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen und bietet gemeinsam mit einem andere Gemälde, Salome mit dem Haupt Johannes des Täufers (1609/10), tiefe Einblicke in die finale Phase des Lebens von Caravaggio. Der Maler, einer der begehrtesten in Rom, dem Zentrum des Barock, wurde im Jahr 1606 wegen Mordes aus der Stadt verbannt. Caravaggio floh erst nach Neapel, später nach Malta, wo er sich aufgrund seines Rufes vor Aufträgen nicht retten konnte. Nach der Vollendung der Heiligen Ursula reiste er nach Rom, um beim Papst um seine Begnadigung zu bitten. Caravaggio verstarb auf dem Weg dorthin an bis heute ungeklärten Umständen in einem Krankenhaus in Porto Ercole.Art.Salon

Michelangelo Merisi da Caravaggio, Salome receives the Head of John the Baptist, circa 1609/10
gemeinfrei
Michelangelo Merisi da Caravaggio, Salome mit dem Haupt Johannes des Täufers, circa 1609/10, Öl auf Leinwand, 91.5 x 106.7 cm

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