Mit der Erfindung der Buchbindung etwa im 3. Jahrhundert begann die Buchmalerei allmählich, die Tradition bemalter Schriftrollen aus Papyrus zu verdrängen. Bis ins 15. Jahrhundert war die Buchmalerei auf reißfestem Pergament eine der vorherrschenden Kunstgattungen in Europa, gleichberechtigt mit der Wandmalerei. Sie durchlebte viele Stilwandel und weist regionale Eigenheiten auf. Mit der Einführung von Papier, dem Buchdruck und neuen druckgrafischen Verfahren endete die Geschichte der Buchmalerei als »hohe Kunst«. Das Getty Center in Los Angeles wagt nun mit Graphic Design in the Middle Ages eine Art Neuinterpretation: die Buchmalerei als Vorläufer des Grafikdesigns. Wie kunstvoll Anfangsbuchstaben von Kapiteln und auch ganze Seiten gestaltet wurden, können Besuchende vom 29. August 2023 bis zum 28. Januar 2024 erleben.
Parallel dazu organisiert das Getty Center die Ausstellung Alfredo Boulton: Looking at Venezuela, die bereits am 07. Januar endet. Boulton lebte von 1908 bis 1995 und gilt als einer der bedeutendsten Fotografen Lateinamerikas. Als junger Mann lernte der gebürtige Venezolaner in der Schweiz die europäische Kunst- und Literaturavantgarde kennen. Davon inspiriert widmete er sich ab 1928 der ausdrucksstarken Abbildung von Landschaften, Lebensstilen und Traditionen der verschiedenen Völker in Mittel- und Südamerika. So prägte Boulton die Entwicklung moderner Kunst dort entscheidend mit. Bereits zu Lebzeiten erkannte man auch in den USA und Europa dessen außergewöhnliches Werk wie Ausstellungen im Museum of Modern Art in New York (1946) und im Musée de l’Homme in Paris (1978) beispielhaft zeigen. Ergänzend können Besuchende auch die seit 2019 laufende Dauerausstellung Alfredo Boulton: His Venezuela im Getty Center ansehen. Die Exponate stammen aus dem Archiv des Museums, in dem über 4000 Fotografien und zahlreiche Briefe und Essays Boultons gelagert sind.