Pasadena, Norton Simon Museum: »Word as Image«

Wie die Kunst zu Wort kam

Die enge Bande zwischen Sprache und Bild ist vor allem der Medien- und Werbebranche ein Begriff. Viel abstrakter und kunstvoller bediente sich aber die frühe Avantgarde dieses Phänomens. Das Norton Simon Museum lädt ab dem 11. August dazu ein, ausgewählte Bilder aus der Sammlung einmal ganz gründlich zu lesen. 

11. August 2023
Rafael Canogar (Spanish, b. 1935), The Earth 1, 1969, Lithograph
Norton Simon Museum, anonyme Schenkung, © Rafael Canogar
Rafael Canogar (Spanisch, geb. 1935), The Earth 1, 1969, Litographie, 76,2 x 55,9 cm

Ohne Frage, die Mehrheit der Menschen würde den Akt des Lesens als »intellektueller« einstufen, als die direkte und bloße Betrachtung eines Bildes. Einige Künstlerinnen und Künstler des 20. Jahrhunderts wie etwa Pablo Picasso, Liubov Popova, Ed Ruscha oder John Cage machten sich genau diesen Unterscheidungsprozess zu eigen – sie übersetzten die Sprache in eine Bildform, die gelesen werden wollte. Das Norton Simon Museum im kalifornischen Pasadena rückt mit der Ausstellung Word as Image (Wort als Bild) ab dem 11. August eben solche Sammlungsobjekte in den Vordergrund. Sie betonen, wie wichtig die Lesbarkeit bei der Entstehung eines Textes und vor allem für seine Ergründung ist. Dabei tuschieren sowohl prominente als auch weniger bekannte Positionen aus Richtungen wie Kubismus, Pop Art und Konzeptkunst die Grenzen von Bild und Sprache.

Liubov Popova (Russian, 1889–1924), The Traveler, 1915
Norton Simon Art Foundation
Liubov Popova (Russisch, 1889–1924), The Traveler, 1915, Öl auf Leinwand, 142,2 x 105,4 cm

Die Ausstellung dröselt die Geschichte des interdisziplinären Ansatzes auf: Zu Beginn des letzten Jahrhunderts beanspruchte etwa die Avantgarde erstmals Wörter und Buchstaben Ausdrucksmittel für die Kunst – und vermischte die zu lesenden Bilder so mit der realen Welt. Beispiele sind etwa Picassos Kaltnadelradierung Stillleben mit Tresterflasche (Nature morte à la bouteille de marc, 1911) und Popovas Gemälde Der Reisende (1915), die beide fragmentierte Textausschnitte bergen. Darauf folgten die damals gerade im experimentierfreudigen New York pulsierenden Stilrichtungen der Pop Art und Konzeptkunst. Sie reagierten kritisch auf ihr Umfeld, indem sie visuelle Formen neu erfanden oder Reklametafeln mit Graffiti übermalten. Koryphäen wie Andy Warhol diente die Sprache damals als künstlerischer Insider-Witz. Davon zeugt auch seine berühmte Campbell's Soup-Serie (Museumsausgabe: 1968), die Kunst und Werbung eins werden ließ, indem sie auf grafische Massenproduktion zurückgriff. 

Die Ausstellung Word as Image motiviert die Besuchenden dazu, zu reflektieren, wie sie auch außerhalb von Museumsräumen ständig »das Bild lesen«. Bis zum 8. Januar 2024 haben sie die Möglichkeit, Sprache und Bild neu zu betrachten und Wörter als wesentlichen Bestandteil der visuellen Kultur wahrzunehmen.Art.Salon

Andy Warhol (American, 1928–1987), Campbell’s Soup I: Vegetable, 1968
Norton Simon Museum, Museumskauf, 1969, © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. /Lizenziert durch die Artists Rights Society (ARS), New York
Andy Warhol (Amerikanisch, 1928–1987), Campbell’s Soup I: Vegetable, 1968, Siebdruck auf Papier, 90,2 x 58,7 cm

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