Es ist ein einmaliges Fotobuch, handgebunden, und wie ein romantisches Liebesgedicht: Der schweizerisch-amerikanische Fotograf Robert Frank (1924-2019) gestaltete im Jahr 1949 in Paris Mary’s Book für die Künstlerin Mary Lockspeiser, die er kurz vor seiner Abreise kennengelernt hatte. Im Jahr darauf heirateten sie. Mit 74 kleinen Fotografien, die meisten in den Straßen von Paris entstanden, und Beschriftungen auf Englisch und Französisch wird das Buch wie ein Gedicht. Frank experimentierte hier mit der Anordnung der Bilder, um Querverweise aufzubauen. Das Museum of Fine Arts Boston widmet diesem einzigartigen Werk eine eigene Ausstellung: Robert Frank: Mary’s Book bietet spannende Einblicke in eines der ersten Fotobücher des Künstlers, der später mit The Americans (1958) die Ästhetik des Mediums revolutionierte. Die Präsentation eröffnet am 21. Dezember 2024 und läuft bis zum 22. Juni 2025. Eine begleitende Publikation bildet Mary’s Book erstmals in Gänze ab, womit künftig der Zugang zu Franks früher Arbeit erleichtert wird.
Nach dem Erfolg von The Americans, das in den USA zunächst stark wegen unpatriotischer Züge und unzureichender technischer Qualität kritisiert wurde, beendete Frank vorerst bis 1972 seine Karriere als Fotograf und betätigte sich als Filmemacher. Seine experimentellen und sozialkritischen Underground-Filme, die Fiktion und Dokumentation mischen, sind bis heute vor allem Kennern bekannt. Sowohl in seinem filmischen als auch fotografischen Werk setzt Frank auf Understatement: den Moment wiederzugeben, ohne aufbauschende Effekte oder dramatische Geschichtenerzählungen, war sein Anliegen. Frank wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem 1996 mit dem Hasselblad Foundation Award, der als weltweit wichtigster Preis für Fotografie gilt.