Reflektionen von Schwarz

Pierre Soulages ist heute vor allem für seine abstrakten Gemälde bekannt, die von schwarzen Farbflächen beherrscht werden. Die Farbe mischte er selbst, die Rezeptur ist ein Geheimnis, das nur sein Assistent kannte. Seit 1979 malte er auf diese. Art. Soulages betonte, dass nicht die Farbe ihn interessiere, sondern die Lichtreflexionen. Er nannte seine Gemälde Outrenoir, das am ehesten mit »Hinter Schwarz« übersetzt werden kann. Damals war der 1919 geborene Soulages bereits 60 Jahre alt und blickte auf eine außerordentliche Karriere zurück.

In den späten 1940ern und 50ern wusste man Soulages‘ abstrakte Gemälde nicht recht einzuordnen. Für den Tachismus erschienen sie nicht flüchtig genug, für das Informel zu formbewusst, für den Abstrakten Expressionismus fehlte das Gestische. Soulages‘ Arbeitsweise blieb wie sein Farbrezept ein gut gehütetes Geheimnis. Der Erfolg ließ nicht auf sich warten: Soulages stellte auf der documenta 1, II und III (1955,1959,1964) aus und nahm an bedeutenden Ausstellungen im Guggenheim Museum und dem Museum of Modern Art (beide New York) teil. Bis heute sind seine Gemälde begehrte Objekte auf dem Kunstmarkt. Vor knapp einem Jahr wurde sein Peinture 195 x 130 cm, 4 août 1961 für 20,2 Millionen US-Dollar versteigert.

Pierre Soulages lebte mit seiner Frau, der Malerin Colette, mit der er über 79 Jahre verheiratet war, im südfranzösischen Sète in einem selbst entworfenen Wohn- und Atelierhaus. Über 1600 Gemälde sind von ihm erhalten. Es wären deutlich mehr, hätte er nicht regelmäßig Leinwände verbrannt, die er für ungenügend hielt. Ein ihm gewidmetes Museum in seiner Heimatstadt Rodez beherbergt seit der Eröffnung 2014 eine beeindruckende Sammlung seiner Werke. Am 25. Oktober ist Soulages im Alter von 102 Jahren verstorben.