Lenbachhaus München zeigt »Singespiel« von Charlotte Salomon

Leben? oder Theater? – ein »Graphic Novel« aus dem Krieg

Wenige Zeitzeugen können noch vom Zweiten Weltkrieges berichten. Dokumentationen wie das Tagebuch der Anne Frank erzählen uns heute aus dem Leben der Verfolgten. Künstlerisch und teils fiktiv arbeitete Charlotte Salomon, 1943 in Auschwitz gestorben, ihre Geschichte ab. Ihr Singespiel öffnet den Besuchenden des Lenbachhauses ab dem 31. März das Tor zu einer ungeschönten Welt der 1930er und 1940er Jahre. 

30. March 2023
Charlotte Salomon Selbstbildnis / Selfportrait 1940-1942 Sammlung Jüdisches Museum Amsterdam / Collection of the Jewish Museum Amsterdam
Sammlung Jüdisches Museum Amsterdam © Charlotte Salomon Foundation
Charlotte Salomon, Selbstbildnis 1940-1942

Ihr Leben endete jäh und gewaltsam: Charlotte Salomon starb 1943 in Auschwitz im Alter von 26 Jahren. Ihre Flucht, die sie 1939 von Berlin nach Südfrankreich trieb, hatte sie nicht vor dem Schlimmsten bewahrt. Im Exil machte sie sich daran, ihr Singespiel zu fertigen – 1325 Blätter, die sich aus Zeichnungen, Textzeilen sowie szenischen Anmerkungen in Gouache zu einer Art Theaterinszenierung oder Drehbuch zusammensetzen. Zwei Jahre brauchte sie, um ihr heute noch als modern geltendes Werk zu beenden. Der hybride Charakter ihres Lebenswerkes eilte dem aktueller Graphic Novels voraus. Das Lenbachhaus in München ehrt die Arbeit der Künstlerin ab dem 31. März mit der Ausstellung Charlotte Salomon. Leben? oder Theater? – Es präsentiert ein herausragendes künstlerisches Werk des 20. Jahrhunderts auf der einen Seite und gibt Aufschluss über Salomons bewegtes und selbstbestimmtes Leben auf der anderen Seite. 

Die in Salomons Singespiel vorkommenden Personen lehnen zwar an die Menschen aus ihrem Umfeld an, doch verfremdete sie die Figuren durch fiktive Aspekte. Selbiges tat sie auch mit ihren eigenen Lebensumständen: Salomon verflocht Fiktion mit realen Erlebnissen, der nationalsozialistischen Verfolgung und Bedrohung. Sie stellte Bezüge zu Kunst, Film, Musik und Philosophie her und gewährt heute noch Einblick in das Leben einer souveränen jungen Frau, einer Zeitzeugin, die ihre Kunst für sich sprechen lässt. Die Ausstellung endet am 10. September. Art.Salon

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