Jan Anthonisz. van Ravesteyn

Öl auf Holz (parkettiert). 63 x 58 cm.
Monogrammiert und datiert oben rechts: Anno 1631 JR: f (JR ligiert).
Wir wissen heute nicht mehr, wer diese junge Dame war, die Jan van Ravesteyn 1631 portraitiert hat; weder Wappen noch Inschrift helfen uns, sie zu identifizieren. Schmuck und Kleidung weisen sie jedoch als Mitglied einer wohlhabenden bürgerlichen Familie aus den Niederlanden aus. Das Mädchen trägt einen großen weißen Mühlsteinkragen und ein schwarzes, eng am Körper anliegendes Kleidungsstück mit langen Ärmeln, einen sogenannten "bouwen", der sie als unverheiratete Frau ausweist. Die Haare sind streng nach hinten gekämmt und werden von einer Haube bedeckt, die mit Spitzen besetzt ist. Das strenge Schwarz-Weiß der Kleidung lässt ihren Schmuck umso heller erstrahlen – die Agraffe, die Goldkette um ihren Hals sowie die Goldkette um ihre Taille, die am unteren Bildrand zu sehen ist.
Ein vergleichbares Bildnis Jan van Ravesteyns, das etwa zwei Jahre früher entstanden ist und ein Mädchen in ähnlichem Alter zeigt, ist kürzlich auf dem internationalen Kunstmarkt aufgetaucht (vgl. Japser Hillegars in: Salomon Lilian: Old Masters 2015, Amsterdam 2015, S. 46-51). Dieses Bildnis kann aufgrund von Wappen und Inschrift als Catharina van Beverwijck, Tochter eines vermögenden Bürgers aus Dordrecht, identifiziert werden. Geht man von ähnlichen Umständen der Auftragsvergabe bei beiden Mädchenporträts aus, lässt sich auch bei unserem Werk vermuten, dass es von einem vermögenden Auftraggeber bestellt wurde, der das Antlitz seiner etwa 16 Jahre alten unverheirateten Tochter von dem führenden Porträtmaler Den Haags konterfeit wissen wollte.
Man ist geneigt, in diesem Bildnis das Antlitz eines Mädchens zu sehen, das den Betrachter etwas schüchtern anblickt und den Mund zu einem kaum merklichen Lächeln formt. Ob die Zeitgenossen das Bildnis ebenso wahrgenommen haben, können wir nur vermuten. In jedem Fall verdeutlicht es, warum Jan van Ravesteyn über die Grenzen der Stadt Den Haag bekannt und gesucht war. Es gelingt ihm, das Mädchen trotz reduzierter Palette und strenger Kleidung in seiner Jugendlichkeit wiederzugeben, mit lebhaftem Blick, schönem Mund und frischem Teint.
Leggatt Brothers, London, 1931. - Harold Pearson, 2nd Viscount Cowdray, Cowdray Park, Sussex. - Auktion Christie´s, London, 13.9.2011, Lot 154. - Europäische Privatsammlung.