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Franz Radziwill
Rindvieh führt Rindvieh
Found at
Lempertz,
Cologne
Moderne und Zeitgenössische Kunst - Evening Sale, Lot 43
4. Jun - 4. Jun 2024
Moderne und Zeitgenössische Kunst - Evening Sale, Lot 43
4. Jun - 4. Jun 2024
Estimate: 120.000 - 140.000 EUR
Price realised: not available
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Description
1923
Öl auf Leinwand, auf Holz aufgezogen. 80 x 85 cm. Im vom Künstler bemalten Originalrahmen. Unten links weiß signiert 'Franz Radziwill'. Rückseitig mit der Werknummer 'XI'. - In einwandfreier Erhaltung.
1923 malte Franz Radziwill ein farbenfrohes, heiteres Gemälde: „Dorflandschaft“. Er hatte sich gerade – von Berlin kommend – in Dangast niedergelassen, ein Haus gekauft und geheiratet. In den folgenden sechs Jahrzehnten sollte er hier am Rande des Jadebusens seinen künstlerischen Mittelpunkt finden. „Kein Bild von mir ist ohne Dangast möglich.“
Dieses glückliche Angekommensein spiegelt sich auch wider in einer gleichzeitig entstandenen Radierung: Dasselbe Thema, derselbe Titel. „Dorflandschaft“. (Wv 27, 1923, s. Vergleichsabb.): Sein Haus in der Sielstraße 3 ist auch hier – wie im Gemälde – von Blumen umgeben, von einem Baum beschützt und geborgen. Es geht ihm gut – und es geht voran. Seine Erfolgskurve weist nach oben: Hamburger „Passiv-Mitglieder der BRÜCKE“ haben siebenundzwanzig Werke gekauft. In Berlin kann er mit Giorgio de Chirico, Paul Klee, Oskar Schlemmer, Otto Dix und Wassily Kandinsky ausstellen. Und in Amsterdam zeigt ihn das Stedelijk Museum zusammen mit den führenden deutschen Expressionisten.
Schon bald aber folgen unselige, unendlich belastete Jahre: Seine Malerei gilt als „entartet“. 274 Werke, darunter 59 Gemälde, werden aus den Museen entfernt, geächtet, verbrannt. Entsetzt und erniedrigt zieht sich der Maler in das Haus am Rande des Horizonts zurück.
Und dann: Das Gemälde „Dorflandschaft“ – 1923 unter glücklichen Zeichen entstanden – steht 1963 plötzlich und unerwartet erneut auf seiner Staffelei. Ist es Zeuge jener anderen, längst vergangenen Zeit, eine schöne Erinnerung an bessere Tage? Nein, nicht für Franz Radziwill! Er denkt anders, er „malt weiter“, aktualisiert. Unter seinen Händen verwandelt sich diese Leinwand in ein vier Jahrzehnte umfassendes Zeugnis. Hier und in fast sechzig anderen Gemälden trug er die weiterlaufende Zeit ein. Radziwill verstand sich nicht als Zeuge eines vergangenen Augenblicks. Ganz anders: Das Gemälde „Dorflandschaft“ – nun umbetitelt in „Rindvieh führt Rindvieh“ – verdichtet 1963 eine größere, vier Jahrzehnte überwölbende Zeit-Spanne. Dieser Maler kennt und bewahrt die Blumen des Friedens – und trägt die Werkzeuge des Krieges ein, die sein Haus immer wieder überflogen. Er kennt und bewahrt die Jahre des Glücks – und die bitteren Spuren des Unglücks, das
Gerd Presler
Atelier des Künstlers; Galleria del Levante, Mailand/München (frühe 1970er Jahre); seitdem Privatsammlung Italien
Öl auf Leinwand, auf Holz aufgezogen. 80 x 85 cm. Im vom Künstler bemalten Originalrahmen. Unten links weiß signiert 'Franz Radziwill'. Rückseitig mit der Werknummer 'XI'. - In einwandfreier Erhaltung.
1923 malte Franz Radziwill ein farbenfrohes, heiteres Gemälde: „Dorflandschaft“. Er hatte sich gerade – von Berlin kommend – in Dangast niedergelassen, ein Haus gekauft und geheiratet. In den folgenden sechs Jahrzehnten sollte er hier am Rande des Jadebusens seinen künstlerischen Mittelpunkt finden. „Kein Bild von mir ist ohne Dangast möglich.“
Dieses glückliche Angekommensein spiegelt sich auch wider in einer gleichzeitig entstandenen Radierung: Dasselbe Thema, derselbe Titel. „Dorflandschaft“. (Wv 27, 1923, s. Vergleichsabb.): Sein Haus in der Sielstraße 3 ist auch hier – wie im Gemälde – von Blumen umgeben, von einem Baum beschützt und geborgen. Es geht ihm gut – und es geht voran. Seine Erfolgskurve weist nach oben: Hamburger „Passiv-Mitglieder der BRÜCKE“ haben siebenundzwanzig Werke gekauft. In Berlin kann er mit Giorgio de Chirico, Paul Klee, Oskar Schlemmer, Otto Dix und Wassily Kandinsky ausstellen. Und in Amsterdam zeigt ihn das Stedelijk Museum zusammen mit den führenden deutschen Expressionisten.
Schon bald aber folgen unselige, unendlich belastete Jahre: Seine Malerei gilt als „entartet“. 274 Werke, darunter 59 Gemälde, werden aus den Museen entfernt, geächtet, verbrannt. Entsetzt und erniedrigt zieht sich der Maler in das Haus am Rande des Horizonts zurück.
Und dann: Das Gemälde „Dorflandschaft“ – 1923 unter glücklichen Zeichen entstanden – steht 1963 plötzlich und unerwartet erneut auf seiner Staffelei. Ist es Zeuge jener anderen, längst vergangenen Zeit, eine schöne Erinnerung an bessere Tage? Nein, nicht für Franz Radziwill! Er denkt anders, er „malt weiter“, aktualisiert. Unter seinen Händen verwandelt sich diese Leinwand in ein vier Jahrzehnte umfassendes Zeugnis. Hier und in fast sechzig anderen Gemälden trug er die weiterlaufende Zeit ein. Radziwill verstand sich nicht als Zeuge eines vergangenen Augenblicks. Ganz anders: Das Gemälde „Dorflandschaft“ – nun umbetitelt in „Rindvieh führt Rindvieh“ – verdichtet 1963 eine größere, vier Jahrzehnte überwölbende Zeit-Spanne. Dieser Maler kennt und bewahrt die Blumen des Friedens – und trägt die Werkzeuge des Krieges ein, die sein Haus immer wieder überflogen. Er kennt und bewahrt die Jahre des Glücks – und die bitteren Spuren des Unglücks, das
Gerd Presler
Atelier des Künstlers; Galleria del Levante, Mailand/München (frühe 1970er Jahre); seitdem Privatsammlung Italien