Lucian Freud 1922 - 2011

Schon früh zeichnete sich der Erfolg des britischen Künstlers Lucian Freud ab: In einer Kinderausstellung zeigte die Londoner Galerie 1938 eine Zeichnung, die Freud im Alter von nur acht Jahren anfertigte. Zu dem Zeitpunkt lebte der 1922 geborene Künstler noch in Berlin, bis er 1933 mit seiner jüdischen Familie vor den Nationalsozialisten nach London floh. Mit 17 Jahren begann er sein Studium an der East Anglican School of Painting and Drawing in Essex. Sein anfänglicher Malstil ist flächig, von dem pastosen Duktus noch keine Spur.

In den 40er und 50er Jahren wurde Freud Teil der sogenannten Londoner Schule, einer Gruppe von Künstlern, die sich der figurativen Malerei verschrieb – in einer Zeit, in der abstrakte Kunst auf dem Vormarsch war. Er war eng befreundet mit Francis Bacon, der ebenfalls der Gruppe zugehörte. Während Bacon einen biomorphen, schon wahnhaften Stil entwickelte, malte Freud realistische Akte seiner engsten Freunde und Familienmitglieder. Mit analytischer Distanz und Präzision brachte er die Intimität zwischen ihm und dem Modell auf die Leinwand. Falten, Fett, Narben und Adern bildete er mit lockeren pastosen Pinselstrichen ab. Diesen Malstil entwickelte Freud insbesondere in den 60er und 70er Jahren.

Freuds Porträts geben weniger Aufschluss über die abgebildete Person, als vielmehr über sein eigenes Verhältnis zu ihnen. Ihm zufolge sei sein Werk autobiografisch: »Es ist über mich selbst und meine Umgebung. Es ist ein Versuch eines Berichts. Ich arbeite über Leute, die mich interessieren, die ich mag und über die ich nachdenke, in Räumen, in denen ich lebe und die ich kenne«. Bemerkenswert an Freud sind auch seine zahlreichen Selbstporträts, die er über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahrzehnten anfertigte. Eines der bekanntesten ist Reflection (Self-Portrait) aus dem Jahr 1985. Die Werke Freuds sind roh und ehrlich, sie lassen tiefer in einen Menschen blicken. Einen Bezug zu seinem Großvater, dem Psychoanalytiker Sigmund Freud, lehnte der Künstler jedoch ab.

Freud avancierte noch zu Lebzeiten zu einem sehr bekannten Künstler. 2004 nannte ihn der Kunstkritiker Robert Hughes »Großbritanniens größten lebenden Maler«. Prominente Personen wie das britische Model Kate Moss und sogar Queen Elisabeth II. ließen sich von Freuds unbeschönigender Malweise nicht abschrecken und standen für ihn Modell. Bis zu seinem Tod 2011 arbeitete Freud unerlässlich. Seine späteren Porträts zeichnen sich durch einen noch pastoseren Farbauftrag aus. Zudem begann er, Radierungen anzufertigen, wie schon zu Beginn seiner Künstlerlaufbahn. Egal welches Medium, Freuds Werke erzielen Spitzenpreise auf dem Kunstmarkt: Benefits Supervisor Sleeping erzielte 2008 den Rekordpreis von 33,6 Millionen Dollar für ein Bild eines bis dato noch lebenden Künstlers.